Zecken

Defintion: Zecken

Zecken (z.B. Ixodes ricinus) gehören zu den Spinnentieren und sind parasitisch lebende Milben.

  • Sie leben bevorzugt im Unterholz (bis max. 1.5 m) von Laub- und Mischwälder.
  • Sie gehen durch Streifkontakt auf Wirt über (sie lassen sich nicht von Bäumen fallen).
  • über 1500m.ü.M kommen sie nicht mehr vor.
  • Zecken sind bei Temperaturen >7°C aktiv.
  • Zecke ist 2-4 mm lang und wird vollgesogen ca. 12mm lang.

Info

  • Zeckenarten:
    • es gibt diverse Zeckenarten, häufigste Art ist der Holzbock (Ixodes ricinus), ein Vertreter der Schildzecken
  • Zeckensaison: März bis Oktober
  • Vorkommen: Wald (Unterholz, Gebüsch), Wiese, Garten
  • Ausbreitung, Population: zunehmend, da Zecken von den Klimaveränderungen profitieren
  • Krankheitserreger, die durch Zecken übertragen werden:
    • Borrelia burgdorferi ⇒ Lyme-Borreliose
    • Borrelia duttoni ⇒ Afrikanisches Rückfallfieber
    • Rickettsia conorii ⇒ Mittelmeerfieber
    • Rickettsia rickettsii ⇒ Rocky Mountain Spotted Fever
    • Babesien (manifeste Infektionen selten)
    • Diverse Viren ⇒ z.B. FSME (Frühsommer-Meningo-Enzephalitis)

    Bei uns ist die Lyme-Borreliose und die FSME von Bedeutung.

  • Blutmahlzeit
    • Zecke kann keine Kapillare anstechen (zu kurzes Saugrohr); sie schlitzt mit Mundwerkzeug die Haut auf und führt ihren Rüssel (Hypostoma) ein, der mit einer Art Zement verankert wird. In dieser Position saugt die Zecke Lymphflüssigkeit und Blut auf.
    • Stich wird vom Wirt nicht bemerkt. Zecke injiziert Substanzen die blutgerinnungshemmend, anästhesierend und entzündungshemmend wirken.
    • Man spricht von Stich und nicht Biss da sie keinen Kiefer haben zum Beissen sondern ein Hypostoma ("Rüssel") mit dem sie sich in Haut bohren.
  • Entwicklungszyklus der Zecke
    • Alle Stadien mit Ausnahme des Eis sind auf je eine Blutmahlzeit angewiesen (adultes Männchen nimmt nur manchmal eine kleine oder gar keine Blutmahlzeit).
    • Der Mensch kommt in jedem Stadium als potentieller Wirt in Frage. Am meisten wird er durch Nymphen befallen, am wenigsten durch die Larve.

    Die folgenden Grafiken und Tabelle veranschaulichen den Entwicklungszyklus der Zecken:

    Lebenszyklus der Zecken


    Zeckenstadien und ihre Wirte

    Zeckenstadium: Nymphe

Prophylaxe: Zeckenstich

  • gut abschliessende Kleidung tragen (z.B. Socken über die Hosen ziehen).
  • helle Kleidung vereinfacht das Entdecken der Zecken auf der Kleidung.
  • hohes Gras und Strauchwerk meiden
  • Repellentien: (siehe auch Insektenstiche)
    • auf Kleider und/oder Haut auftragen
    • Vertreter:

      Wirkstärke: DEET = Picaridin > EBAAP

      • Diethyltoluamid (DEET):
        • am besten evaluiert
        • Spektrum: Stechmücken, Fliegen, Bremsen, Flöhe, Läuse, Zecken, Milben, Schaben
        • Aufenthaltsgebiete: geeignet für Tropen, Skandinavien, Kanada
        • KI: Kinder <5-6a (bei Resorption neurotoxisch); Schwangerschaft, Stillzeit
        • Kann auf Kleider gesprüht werden
      • Ethyl-Butylacetyloaminopropionat (EBAAP)
        • Spektrum: Stechmücken, Fliegen, Bremsen, Läuse
        • Aufenthaltsgebiete: geeignet für Mitteleuropa
        • Geeignet ab 6-12 Monate (da Toxizität nur 50% von DEET
        • Syn.: IR3535
      • Picaridin
        • weist gegenüber DEET den Vorteil auf, dass es nicht Plastik und Stoff angreift.
        • Syn.: Icaridin
      • DMP (Dimethylphtalat)
      • Rutgers 612 (Ethylhexandiol)
      • Ätherische Öle (Zitronellen-, Nelken-, Lavendel-, Eukalyptus-, Zedernöl): Wirksamkeit nur schlecht belegt.
    • Anwendung: Repellentien sollten gegen Zecken generell nach 2-4 h erneuert werden.
    • Wirkmechanismus: Repellentien stören das Haller-Organ (in Vorderbeinen), das der Wirtsfindung (thermisch, chemisch) dient.
    • Es gilt: Höhere Konzentration führt zu einer längeren Wirkungsdauer aber nicht zu einer stärkeren Wirkung.
    • Wirkdauer: Generell kann bei Repellentien von einer Wirkdauer von 4h ausgegangen werden. Gegen Zecken und Fliegen schützt das Repellens sogar nur ca. 2h.
    • Repellentien sollten erst 20min nach Auftragen des Sonnenschutzmittels appliziert werden, da sonst Sonnenschutz nicht vollständig gewährleistet ist.
    • Repellentien sollten bei Säuglingen (<12Mo) nicht verwendet werden. EBAAP und CitriodiolTM ist nach dem 1. Lebensjahr möglich aber besser erst ab 2a. DEET und DMP erst ab 3a (besser erst ab 6a) verwenden.
    • Schwitzen verkürzt die Wirkungsdauer ⇒ Mittel regelmässig auftragen.
  • Nach Waldspaziergängen, insbesondere Hosen ausschütteln und Körper nach Zecken absuchen.
  • Arbeitskleidung von Personen, die sich von Berufswegen im Risikogebiet aufhalten, kann mit Permethrin imprägniert werden.
  • gegen FSME gibt es eine Impfung (3 Impfungen; zugelassen ab 1a; empfohlen ab 6a in Endemiegebieten)
  • Zecken auf Kleidern sterben falls sie bei 50°C gewaschen oder während 90min in Trockner gebracht werden.

Verhalten bei Zeckenstich

  • Zecke entfernen
    • Zecke möglichst schnell (innert 12h) entfernen, da Infektionsrisiko insbesondere bei Borrelia mit Saugdauer zunimmt.
    • Vorgehen:
      • Pinzette: mit feiner Pinzette direkt an der Haut packen und konsequent rausziehen. Die L-förmige Krümmung der Zeckenpinzetten ermöglicht eine bessere Sicht auf die Zecke; zudem wird gewährleistet, dass der Körper der Zecke nicht beschädigt wird.
      • Zeckenzange
      • Zeckenlasso (ParaStopp Ticktrap®)
      • Zeckenkarte: wird parallel zur Haut zwischen Zeckenkörper und Mundwerkzeug geschoben und in schaukelnden Bewegungen nach oben entfernt.
      • Zecke vereisen (Tickner ZeckWeg® a.H.; oder gewöhnlicher Kältespray bei stumpfen Verletzungen wie Ice Power® Kühlspray)

      Hilfsmittel zum Entfernen von Zecken

    • Cave:
      • Zeckenkörper nicht quetschen!
      • Zecke nicht drehen!
      • Kein Öl, Nagellack, Klebstoff verwenden. ⇒ Zecke muss erbrechen, wodurch umso mehr Erreger in Wunde gelangen.
    • Allfällig in der Wunde verbleibende Zeckenreste müssen nicht unbedingt entfernt werden, da der Körper sie später selber abstösst.
  • Zecke aufbewahren zur Untersuchung auf Borrelien:
    • Anti Brumm® Zecken Test: Zecke wird in Proberöhrchen eingeschickt; PCR-Nachweis auf Borrelien-DNA; nach 2 Tagen bekommt man via Internet oder Telefon Bescheid.
    • ParaStopp® Zeckenschnelltest a.H.: In ParaStopp Zeckenbehälter (separat kaufen) wird Zecke aufbewahrt und zum Arzt oder in die Apotheke zum Schnelltest gebracht.

    Cave Interpretation: ein positiver Test bedeutet nicht zwingend eine Infektion

  • Einstichstelle desinfizieren (Jod oder 70%iger Alkohol)
  • Die Stelle kann noch einige Tage gerötet bleiben (Reaktion des Körpers auf Zeckenspeichel und Zeckenreste)
  • Datum des Einstiches aufschreiben.
  • Einstichstelle regelmässig beobachten (während mind. 1 Monat).
  • Bei Symptomen wie Kopfschmerzen, Fieber oder Rötungen (bleibend >10d oder wanderndes Erythem) an der Einstichstelle Arzt konsultieren.
  • Bemerkung: Ev. gibt es bald eine Crème mit Azithromycin, die postexpositionell auf die Einstichstelle eingerieben werden kann (5 Tage). Die Erreger halten sich nämlich während dieser Zeit noch in der Einstichstelle auf.

Zeckenbedinge Erkrankungen

FSME und Borreliose sind in unseren Breitengraden die häufigsten Infektionskrankheiten, die durch Zecken übertragen werden. Die folgende Tabelle gibt einen Vergleich der beiden Erkrankungen, die anschliessend noch detailliert besprochen werden.

Vergleichende Gegenüberstellung von FSME und Borreliose


  • FSME
    • Auslöser: Virus (RNA-Virus aus der Familie der Flaviviren); bekannt sind 3 Subtypen
    • Aufenthaltsort: Speicheldrüsen der Zecken ⇒ rasche Übertragung der Viren auf Menschen.
    • Gebiete mit Impfempfehlung (früher als Endemiegebiete bezeichnet): Link zu Karte der Gebiete mit FSME-Impfempfehlung vom BAG
    • Risiko
      • Häufigkeit der infizierten Zecken im Endemiegebiet: ca. 1% (0.1-3%)
      • zu einer Virusübertragung kommt es nur bei jeder 3. Person, die von einer Zecke mit Erreger gestochen wird.
      • Zu neurologischen Symptomen kommt es bei 10% der Personen mit Virusübertragung.

      ⇒ Risiko für eine Erkrankung (neurologisch) an FSME nach Zeckenstich liegt im Endemiegebiet bei <0.1%

      Folgende Grafik zeigt das Risiko einer Erkrankung, falls es tatsächlich zu einer Virusübertragung gekommen ist:

      Risiko einer FSME-Erkrankung bei Virusübertragung

    • Inkubationszeit: 7-14d
    • Symptome: 2-phasig
      • 1. Phase: Nach Inkubationszeit von ca. 10d kommt es zur ca. 8-tägigen Prodromalphase mit leichten grippalen Symptomen, mit mässigem Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen
      • 2. Phase: Nach vorübergehender Besserung kommt es zu hohem Fieber, Meningoenzephalitis, Meningitis, ev. verbunden mit Nackensteifigkeit Bewusstseinstrübung, Sprachstörungen, Lähmung

      Die FSME-Erkrankung verläuft bei Kindern 10x seltener und milder als bei Erwachsenen (selten Meningitis, selten bleibender neurologischer Schaden).

    • Diagnostik:
      • neurologische Symptomatik, IgM- und IgG-Nachweis im Serum
      • meistens Leukozytose >10'000 Zellen/µl
      • Aufenthalt in Risikogebiet
    • Therapie:
      • symptomatisch: Kopfschmerzen: Paracetamol, Diclofenac oder Ibuprofen
      • Begleit- und Folgetherapie: komplementär-medizinische Anwendungen (z.B. Ceres Geranium robertianum: 1-3x/d 2-5gtts einnehmen; insbesondere bei Hirnhautentzündung durch Zeckenbisse)
    • Prophylaxe: Impfung
      • aktive Immunisierung
      • Präparate: FSME Immun CC®; Encepur® N
      • Die Impfung schützt vor allen Subtypen der Viren.
      • Der Impfstoff für Kinder entspricht der halben Dosierung für Erwachsene.
      • die Impfung ist ab 1a zugelassen, bis 3-6a ist Inzidenz aber sehr klein
    • Impfschema:
      • konventionell:
        • Monat: 0, 1(-3), (9-)12
        • am besten im Herbst oder Winter beginnen ⇒ Schutz im nächsten Sommer
        • 98%iger Schutz nach 14 Tage nach 2 Dosis
        • Booster alle 3 Jahre (12-49a: nur alle 5 Jahre)
      • Schnell-Impfung
        • Tag: 0, 7, 21
        • 90%iger Schutz am 21 Tag
        • 1. Booster nach 12-18 Mo, danach alle 3 Jahre (12-49a: nur alle 5 Jahre)
    • Impfempfehlung
      • Personen die sich im FSME-Risikogebiet aufhalten:
        • Forstarbeiter
        • Bauern
        • Förster, Wildhüter
        • OL-Läufer, etc.
        • exponiertes Laborpersonal
      • Seit 2006 empfiehlt das BAG der gesamten Bevölkerung (>6a) in einem Endemiegebiet die aktive Immunisierung.
    • Postexpositionsprophylaxe: Eine passive Immunisierung (AK) gibt es nicht mehr.

  • Lyme-Borreliose
    • Auslöser: Bakterium Borrelia burgdorferi (Spirochät): diverse Subtypen: Borrelia afzelii, Borrelia garinii, Borrelia burgdorferi sensu stricto, Borrelia spielmanii …
    • Aufenthaltsort: Zeckendarm ⇒ verzögerte Übertragung (> 12-24h) der Bakterien auf Menschen
    • Endemiegebiete: überall möglich
    • Inkubationszeit: Tage bis Wochen nach Zeckenstich
    • Risiko:
      • 5-35% aller Zecken sind mit Borrelien befallen
      • eine Infektion (AK-Nachweis) erfolgt in 3-6% aller Zeckenstichen
      • in 0.3-1.4% aller Zeckenstiche kommt es zu Symptomen

      ⇒ Risiko von AK-Bildung (Infektion) ist selbst bei infizierter Zecke nur 20-30%

    • Symptome: 3 Stadien
      1. Lokalisierte Infektion: Erythema chronicum migrans
        • Aussehen: randbetonter rötlicher wandernder Hautfleck (>5cm im Durchmesser) der meist schmerzlos ist aber auch mit Brennen und Juckreiz verbunden sein kann, bei grösser werdendem Fleck verblasst das Zentrum häufig.
        • normale Reaktion auf Zeckenstich (ohne Infektion) ist ein rötlicher Fleck <1cm während max. 2d nach Stich
        • Zeithorizont: Erythem tritt 7-10 d nach Stich auf und breitet sich während Tagen bis Wochen aus
        • Spontanheilung häufig
        • Vereinzelt (insbesondere bei Kindern) kommt es an der Einstichstelle zusätzlich zu einem Borrelien-Lymphozytom bei dem z.B. das Ohrläppchen oder die Mamillen rötlich anschwellen.
        • Weitere häufige Symptome: Kopfschmerz, Müdigkeit, Fieber, Schweissausbruch
      2. Disseminierte Infektion
        • Zeithorizont: Wochen-Monate
        • nur in 3% der erkrankten Personen
        • Lyme-Arthritis: Gelenk- und Muskelschmerzen v.a. am Knie
        • Neuroborreliose: Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten: schmerzhafte Entzündung der Rückenmarksnerven. Diese v.a. nachts auftretenden starken Schmerzen, die nicht auf Analgetika jedoch auf AB ansprechen, nennt man Bannwarth-Syndrom. In der Folge kann es zu Lähmungen kommen
        • Lyme-Karditis: Herzentzündung mit Rhythmusstörungen
      3. Chronische Erkrankung
        • Zeithorizont: Monate-Jahre
        • Arthritische Beschwerden, Hautatrophie; Bewusstseinstrübung, Antriebsarmut, Lähmungserscheinungen
    • Diagnose:
      • klinische Symptomatik
      • Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper; 2-4 Wochen nach Infektion sind spezifische IgM und IgG-Antikörper nachweisbar. Die Aussagekraft ist allerdings limitiert, da ein Grossteil der Bevölkerung eine positive Serologie aufweist, ohne an einer Lyme-Borreliose zu erkranken.
      • Direkter Nachweis durch Bakterienkultur (schwierig und nur von Speziallabors durchführbar) oder durch Bakterien-DNA mittels PCR.
    • Therapie:
      • akute Borreliose:
        • Stadium I: orale Antibiotika während mind. 14 Tagen oder bis zur Remission des Erythema migrans (Doxycyclin 1x/d 200 mg; Amoxicillin: 3-4x/d 500 mg; Phenoxymethylpenicillin: 3-4x/d 1 Mio IE) ⇒ kurativ (hohe Heilungsrate: 85-100%)
        • Stadium II und III: intravenöse Therapie insbesondere bei Neuroborreliose während 14-21 Tagen (Ceftriaxon: 1x/d 2g; Cefotaxim: 3x/d 2g); liegt einzig eine Lyme-Arthritis vor kann auch während 30 Tagen oral therapiert werden (Doxycyclin 1x/d 200 mg; Amoxicillin: 4x/d 500 mg)

        Cave: UAW: Herxheimer Reaktion: schweres Krankheitsgefühl mit Fieber infolge einer starken Antigenfreisetzung und der folgenden Produktion von Zytokinen ⇒ Paracetamolgabe und Fortsetzung der AB-Gabe

        Übersicht über die Antibiotikabehandlung bei Borreliose

      • Die "rheumatischen" Beschwerden können mit nichtsteroidalen Antiphlogistika und immunsupprimierenden Therapien behandelt werden.
      • Seropositive aber klinisch gesunde Patienten werden nicht behandelt.
      • Begleit- und Folgetherapie: komplementär-medizinische Anwendungen:
        • Ceres Dipsacus (Wilde Karde): 3x/d 3gtts einnehmen
    • Prophylaxe nach Stich:
      • 200mg Doxycyclin (Einmalgabe von 200mg oder je 200mg an 3 aufeinanderfolgenden Tagen) innerhalb von 72h nach Stich scheint Borrelioseerkrankungen zu senken. Allerdings ist eine konsequente Gabe nach Zeckenstich wenig sinnvoll angesichts des eher kleinen Risiko einer Infektion (ca. 1%)
    • Bemerkung: Eine durchgemachte Borrelienerkrankung führt nicht zu einer Immunität. Die Erkrankung kann mehrmals auftreten.